Lippeportal - Februar 2018

Stolz und Vorurteil

Februar 2018

Wir alle sind voller Vorurteile. Gegenüber seltsam aussehenden Essen, bevor wir es probiert haben. Gegenüber Büchern mit schnulzigen Titeln, ohne sie zu lesen. Gegenüber Filmen mit Til Schweiger, naja, da stimmen die Vorurteile dann meistens. Gegenüber einem Fremden beim ersten Treffen, ohne mit ihm gesprochen zu haben. Ja, sogar gegenüber Leuten, die wir vermeintlich kennen.

Und Sie? Begegnen Sie jeder neuen Sache, jedem Menschen und jeder Situation offen und voller Neugier?
Stehen Sie mit Ihrem gefestigten Weltbild über jeder neuen Erkenntnis, oder denken Sie auch mal das Undenkbare? Ist Ihr Leben schwarz-weiß und immer klar? Oder doch bunt, granatenstark und voller Überraschungen?

Gerade in der Politik können wir oft beobachten, wie vernagelt und geistig eingeschränkt so mancher Vielsprecher doch tatsächlich ist. Direkt nach den letzten Bundestagswahlen hieß es aus verschiedenen Richtungen: "Da werden wir ordentlich Contra geben!" / "Wir werden Sie jagen!" / "Ab morgen gibt es in die Fresse!"

Da werden Vorschläge kategorisch abgelehnt, Gespräche verweigert und schon mal klar Stellung bezogen, ohne vorher über Möglichkeiten und gemeinsame Ziele zu sprechen. Wie soll man das nennen, wenn ein Volksvertreter schon mal knallharte Opposition ankündigt, ohne dass bereits über konkrete Dinge gesprochen wurde? Wie man das nennt? Also ich nenne das Vorurteil gegenüber allen Vorschlägen die da kommen könnten. Gerade gewählte Volksvertreter sollten sich daran erinnern, dass Sie gewählt wurden, um mitzureden, mitzuarbeiten und mitzugestalten. Sonst darf man im Wahlkampf nicht tolle Versprechungen machen, sondern klar aufs Plakat schreiben: "Wir wollen einfach nur stänkern und gegen Alles sein."

Wenn der Gesprächspartner dann tatsächlich nur gequirlten Blödsinn von sich gibt, dann kann man die Diskussion natürlich verlassen, sollte aber jedem neuen Argument wieder offen gegenüber stehen. Dabei müssen wir auch die Meinung des Anderen ertragen können, denn Demokratie bedeutet auch Diskussion. Aber man muss auch nicht alles mitmachen, nur um dabei zu sein!

Wir sollten von uns selbst vor allem das verlangen, was wir auch von unseren Kindern erwarten, wenn es darum geht nicht nur Pommes und Schokolade zu futtern, sondern auch mal das Gemüse zu essen. Erst probieren und dann notfalls ausspucken, aber in keinem Fall schon vorher, den Teller wütend an die Wand werfen. Bilde Dir eine Meinung - aber kein Vorurteil! Dann werden wir alle so manches Mal überrascht sein, wie vielfältig und interessant das Leben seien kann.

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