Endlich erheben sich die Menschen von ihren durchgepupsten Sofakissen, verlassen die Dauerberieselung durch schlechte Dokusoaps und C-Promi-Gelaber im Unterschichten-TV. Sie vergessen sogar facebook twitter und Co. für eine kurze Zeit und gehen hinaus auf die Straße, in den Stadtpark oder sonst wohin, wo wir ohne Internet unsere Jugend verbrachten. Aber halt! Irgendetwas ist anders als damals, als wir einfach mal so spazieren gingen, um unsere erste Liebe heimlich unter der Bahnbrücke zu küssen, oder uns auf dem Schulhof trafen, um Pokemonkarten zu tauschen. Heute jagen pubertierende Jugendliche und sogar Erwachsene virtuelle Pokemons mit ihrem Handy. Und rumgeknutscht wird schon lange nicht mehr. Dabei machen weder die digitalen Monster noch die Monsterjäger mit dem Smartphone in der Hand vor irgendeinem öffentlichen oder nicht öffentlichen Bereich halt. Ob auf der Straße, im Restaurant und sogar auf Friedhöfen - überall laufen sie herum, um eine der über 700 verschiedenen Figuren einzusammeln. Am beliebtesten ist vermutlich dieser "Pikachu". Dieses freche kleine gelbe Monster, mit dem Schwanz in Form eines Blitzes, erinnert mich ein bisschen an mich selbst in meiner Jugendzeit, obwohl ich nie klein und gelb war. Aber lassen wir das. Da es mich doch einigermaßen entsetzt, dass die Menschen zwar nur selten bereit sind, für ein gutes Konzert, einen Waldspaziergang, irgendeine politische Überzeugung oder zumindest gegen die GEZ-Gebühren auf die Straße zu gehen, so finde ich es umso fraglicher, wenn jetzt Millionen dem Ruf dieser App folgen. Man kann nur hoffen, dass die Pokemons nicht bei der nächsten Bundestagswahl antreten. Vermutlich bekämen sie die absolute Mehrheit.
Zumindest muss ich jetzt nicht auf die nächsten Staffeln meiner Lieblingsserie "The Walking Dead" warten, in der Menschen in einer Welt voller Zombies ums Überleben kämpfen. Nein, seltsame Typen mit ausdruckslosen Gesichtern, die mit gesenktem Kopf umherwandeln, laufen mir jetzt ständig und überall im "Real-Life" über den Weg.
Aber auch diesen Trend werden wir wohl überleben. Ich kann das sagen, denn ich bin (man möchte es kaum glauben) schon älter als das Internet und habe schon viele Dinge kommen und gehen sehen. Ja, meine Generation hat solche Dinge wie die Jahrtausendwende, Rinderwahn, Jacken mit Schulterpolstern und sogar sämtliche Musikvideos von Modern Talking überlebt. Da lasse ich mir doch von kleinen Taschenmonstern, die man nur auf dem Handy sieht, doch keine Angst machen.
Und was denken Sie? Haben Sie die App zur Monsterjagd schon installiert oder haben Sie noch ein echtes Leben?
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